OLEANDER („Rosenlorbeer“) ist nicht nur eine sehr edle, besonders beliebte Zierpflanze, sondern auch der Name des erfolgreichsten Rennpferdes in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wie alle prominenteren Galopper dieser Zeit wurde auch dieser Hengst in Hoppegarten trainiert.
Oleander war ein Rennpferd, wie man es sich nur erträumen kann: schnell und leicht zu reiten, unkompliziert und einsatzfreudig bis zum absoluten Limit. Ein Fels in der Brandung. Insgesamt bestritt er 23 Rennen, von denen er 19 gewann, teilweise mit erdrückender Überlegenheit. Dreimal siegte er im Großen Preis von Baden, seine Gewinnsumme betrug 580.950 Mark, was ungeachtet von Wirtschaftskrise, Inflation, Krieg, Währungsreform und später ansteigenden Renndotierungen über 40 Jahre lang ein einsamer Rekord war. Oleander war nicht einfach ein erstklassiges Rennpferd, er war für Jahrzehnte das Idol des deutschen Galopprennsports.
Die Lebensgeschichte des vierbeinigen Oleander ist dramatisch: Geboren wurde er 1924 im legendären, noch heute bestehenden Gestüt Schlenderhan in Bergheim vor den Toren Kölns. Als er in Hoppegarten als Zweijähriger nach einer Morgenarbeit angehalten werden musste und nur auf drei Beinen stand, vermutete der eilig herbeigerufene Tierarzt einen Beckenbruch. Auch eine genauere Untersuchung bestätigte diesen Befund, ein Professor aus Berlin urteilte: „Theoretisch kann er wieder werden, er bleibt aber ein Krüppel sein Leben lang.“ Hätte Schlenderhans Eigner Baron Simon Alfred von Oppenheim auf den Rat der Veterinäre gehört, wäre dem Leben des jungen Hengstes somit alsbald ein Ende gesetzt worden. Der passionierte Züchter überließ die Verantwortung für die folgenschwere Entscheidung jedoch seinem Trainer George Arnull. Dieser, damals erst am Anfang eines langen, verdienstvollen Engagements für Schlenderhan, wehrte sich dagegen, das hoffnungsvolle junge Pferd bereits aufzugeben.
Ob es bewusstes Misstrauen gegen die Prognose der Tierärzte war oder nur ein Gefühl, man weiß es nicht: Arnull bestand darauf, auf seine Weise doch einen Versuch zu machen. Damit rettete er ihm das Leben. Er verordnete ihm zunächst wochenlange strenge Boxenruhe und nach einiger – längerer – Zeit begann der vierbeinige Patient tatsächlich, wieder alle vier Beine zu belasten. Seine Bewegungen normalisierten sich und im Herbst konnte er sogar schon wieder geritten werden.
Wegen der langen Verletzungspause und des Trainingsrückstandes gegenüber seinen Altersgenossen konnte Oleander, ein Sohn des bedeutenden Vererbers Prunus, im folgenden Jahr nicht für die klassischen Prüfungen seines Jahrgangs vorbereitet werden, sie kamen für ihn zu früh. Aber am 1. Mai brachte man ihn immerhin in einem kleinen Rennen an den Start. Es war ein Versuch und Arnull war entsprechend angespannt und besorgt, aber die Sache gelang: Oleander siegte locker. Überlegen, mit vier Längen Vorsprung, holte sich der Schlenderhaner auch sein folgendes Rennen, immer noch in einer überschaubar schweren Aufgabe. Danach versuchte man es mit ihm in besserer Gesellschaft und schickte ihn in den Großen Preis von Hamburg, wo er eine knappe Niederlage bezog, vor allem aber lahm aus dem Rennen zurück kam. Doch Georg Arnull, nicht nur ein Meister als Trainer, sondern auch ein Meister der Geduld, bekam den Hengst wieder flott. Der Lohn kam in eindrucksvoller, geradezu gewaltiger Form: Im Großen Preis von Berlin ließ Oleander seine Gegner beinahe stehen! Danach folgte Sieg auf Sieg in den großen Rennen, in Deutschland und in Österreich. Oleander war das beste Pferd weit und breit.
Die Ausnahmeposition des Hengstes ermutigte Trainer und Besitzer sogar zum Start im Superrennen des Kontinents, dem Prix del de l‘ Arc de Triomphe in Paris-Longchamp. Dort belegte Oleander zwar nur Rang fünf, aber dafür gab es nach dem Rennen eine sehr offenkundige Erklärung: An der für ihn völlig neuen Startmaschine hatte er sich, vom Jockey zunächst unbemerkt, eine große Schnittwunde zugezogen. In Anbetracht dessen kam seine Leistung noch einem Wunder gleich und unterstrich seinen beispiellosen Kampfgeist. Ein Jahr später versuchte man es mit Oleander erneut im „Arc“, wo er die Führung erst nach langer Gegenwehr abgeben musste, als Dritter hinter Ortello und Kantar aber die für etliche Jahrzehnte beste Leistung eines deutschen Galoppers zeigte.
Die Sieger des Oleander-Rennens seit 1991
Jahr | Sieger | Alter | Besitzer | Trainer | Reiter |
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1991 | Elsurimo | 4 | Stall Steigenberger | Bruno Schütz | Mark Rimmger |
1992 | Sought Out | 4 | Lord Arnold Weinstock | John E. Hammond | Mathieu Boutin |
1993 | Embarcadero | 5 | J. Arras | Bruno Schütz | Mark Rimmer |
1994 | Goracij | 4 | Elisabeth Rippstein | Miroslav Weiss | Lutz Mäder |
1995 | Flamingo Paradise | 4 | Helmut Baron von Finck | Hans Blume | Andrasch Starke |
1996 | Camp David | 6 | D. Gabel | Andreas Wöhler | Peter Schiergen |
1997 | Camp David | 7 | D. Gabel | Andreas Wöhler | Andreas Boschert |
1998 | Solo Mio | 4 | Platinum Syndicate Ltd. | John E. Hammond | Cash Asmussen |
1999 | Solo Mio | 5 | Platinum Syndicate Ltd. | John E. Hammond | Cash Asmussen |
2000 | Wins Fiction | 5 | Stall Steiermark | Peter Remmert | Neil Grant |
2001 | Subiaco | 4 | Georg Baron von Ullmann | Andreas Schütz | Andrasch Starke |
2002 | Adlerflieger | 5 | Stall Kaiser | Andreas Schütz | Andreas Boschert |
2003 | Olaso | 4 | Stall Silbersee | Pavel Vovcenko | Eduardo Pedroza |
2004 | Darasim | 6 | Markus Gräff | Mark Johnston | Joe Fanning |
2005 | Darsalam | 4 | Stall Turan | Arslangirej Savujev | Andrasch Starke |
2006 | Bussoni | 5 | Stall Kaiserberg | Hans Blume | Adrie de Vries |
2007 | Bussoni | 6 | Stall Kaiserberg | Hans Blume | Adrie de Vries |
2008 | Caudillo | 5 | B.u.H.-D.Kuhlmann | Dr. Andreas Bolte | Jean-Pierre Carvalho |
2009 | Flamingo Fantasy | 4 | Gestüt Park Wiedingen | Waldemar Hickst | Andreas Suborics |
2010 | Tres Rock Danon | 4 | Stall D'Angelo | Waldemar Hickst | Jiri Palik |
2011 | Tres Rock Danon | 5 | Stall D'Angelo | Waldemar Hickst | Andreas Suborics |
2012 | Altano | 6 | Dr. Ingrid Hornig | Andreas Wöhler | Rastislav Juracek |
2013 | Altano | 7 | Dr. Ingrid Hornig | Andreas Wöhler | Jozef Bojko |
2014 | Altano | 8 | Dr. Ingrid Hornig | Andreas Wöhler | Eduardo Pedroza |
2015 | Ephraim | 4 | Stall Reckendorf | Markus Klub | Eugen Frank |
2016 | Wasir | 4 | Darius Racing | Andreas Wöhler | Rafael Schistl |
2017 | Red Cardinal | 5 | Australian Bloodstock | Andreas Wöhler | Eduardo Pedroza |
2018 | Sound Check | 5 | Gestüt Ittlingen | Peter Schiergen | Andrasch Starke |
2019 | Raa Atoll | 4 | Luke Comer | Luke Comer | Jozef Bojko |
2020 | Quian | 4 | Stall Hornoldendorf | Peter Schiergen | Bauyrzhan Murzabayev |
2021 | Rip Van Lips | 5 | Stall Lintec | Andreas Suborics | Gérald Mossé |
2022 | Loft | 4 | Gestüt Ittlingen | Marcel Weiß | René Piechulek |
2023 | Aff un zo | 5 | Holger Renz | Markus Klug | Andrasch Starke |